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#wirbleibenzuhause

Eigentlich wollte ich diesen Artikel schon längst geschrieben haben.

Aber nicht, weil ich wie ein gewisses amerikanisches Trampeltier die Pandemie kleinreden oder verharmlosen möchte,

sondern weil ich die derzeitige ich-bezogene Mitleidshaltung so mancher Menschen absolut nicht ab kann.

 

Zum Vergleich:

Eine Person, welche im Jahr 1900 geboren wurde, durchlebte in ihrem Leben

den Beginn und das Ende des Ersten Weltkrieges mit ca. 1,5 Millionen Toten allein in Deutschland,

die Spanische Grippe, eine Influenza-Pandemie mit 20 bis 50 Millionen Opfern und

den Börsencrash in New York, auf den Massenarbeitslosigkeit folgte.

Diese Person durchlebte 

den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust mit ca. 6,3 Millionen (jüdischen) Opfern. Es folgten

der Koreakrieg und

der Vietnamkrieg, bei dessen Beginn die Person "erst" 75 Jahre alt war.

 

Man sollte sich bewusst machen und bewusst sein dass, verglichen mit dem Leben unserer Großmütter und Großväter,

die Einschränkungen, mit denen wir derzeit leben, nichts anderes als "Erste-Welt-Probleme" sind.

Natürlich gibt es Länder, die Dritte Welt, die sehr unter der Pandemie leidet und jeder Tote ist auch in Deutschland ein Toter zu viel.

Aber muss man denn wirklich derart über Kleinigkeiten jammern?

Muss man Hamsterkäufe tätigen in einem Land, das zu den reichsten der Erde gehört?

Muss man denen, die ohnehin wenig haben, auch den Rest wegnehmen?

Muss die Politik erst mit der Nase auf Missstände gestoßen werden, die seit Jahren bestehen und verdrängt werden?

Muss man stets höher, schneller, weiter - statt einfach mal dankbar zu sein für alles, was wir haben?

 

Auch diese Pandemie bringt, bei genauem Hinsehen, nicht nur Negatives mit sich...

> Viele Menschen fühlen sich eingeschränkt von Maskenpflicht, Ausgangssperren und Hygieneplänen. Aber zugleich...

Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung war schon lange nicht mehr so groß wie jetzt. Menschen engagieren sich, kaufen beispielsweise für jene ein, die es nicht selbst können. Wieder andere musizieren gemeinsam über Straßen und Wege hinweg auf Balkonen und schenken einander Hoffnung.

Und viele Menschen wissen nach Jahren nun endlich die Namen ihrer Nachbarn.

 

> In den Häfen der Welt liegen seit geraumer Zeit die Schiffe brach. Der Flugverkehr war und ist nahezu eingestellt.

Sicherlich bedeutet dies für viele Bereiche Einschränkungen: Die Reise- und die Hotelindustrie verbucht z. B. fast durchweg Stornierungen, Einnahmen fallen weg. Zugleich...

Menschen lernen die Qualitäten und Sicherheiten von "Urlaub zuhause" ganz neu kennen, entdecken ihre jeweiligen Länder neu. Massentourismus hat keine Chance mehr.

Und auch die Erde atmet auf. Der Himmel ist ruhig und blau geworden und Lebewesen erobern sich ihren Lebensraum zurück.

 

> Dass Kindergärten und Schulen geschlossen sind, brachte und bringt für viele Eltern sicherlich immense organisatorische Herausforderungen mit sich. Auch so manches Kind vermisst sicherlich mit der Zeit sein gewohntes (Schul-)Umfeld. Zugleich bedeutet dies...

Kinder bekommen die Chance, selbst kreativ zu werden, die Natur zu entdecken und einfach Kind zu sein. Fernab von Leistungsdruck und Konkurrenzkampf. Außerdem verbringen so manche Familien momentan mehr Zeit miteinander, als sie seit Jahren hatten.

 

> Gaststätten und Restaurants sind vielerorts geschlossen oder dürfen nur eine geringe Anzahl Gäste zugleich beherbergen. Großveranstaltungen wie Konzerte sind weiterhin verboten Fußballspiele finden ohne Zuschauer statt.

Für das Schaustellgewerbe bedeuten die Absagen von Veranstaltungen finanzielle Einbußen bis hin zum Existenzkampf, ebenso für kleine Gastronomiebetriebe. Aber zugleich...

Menschen besinnen sich wieder darauf, wie viel Glück sie doch haben, dass jederzeit alles verfügbar ist. 

Viele erkennen zum ersten Mal seit Langem, wie gut ein einfacher Kaffee in kleiner Gesellschaft im Café um die Ecke doch tut.

Und dass ein Jahrmarktbesuch, bei dem man mit zwei oder drei Freunden Karussell fährt und Zuckerwatte isst, viel besser in schöner Erinnerung bleibt, als ausgelassenes, wöchentliches Feiern in der Diskothek mit unbekannten Menschenmassen.

 

> Krankenhäuser mussten und müssen Operationen verschieben, Seniorenheime sind seit einer ganzen Weile größtenteils für die Öffentlichkeit gesperrt. Für alte und kranke Menschen bedeutet dies einen tiefen und traurigen Einschnitt in ihr tägliches Leben.

Ich bin hier selbst betroffen und möchte nichts verharmlosen. Doch zugleich...

Gesellschaft und Politik erkennen endlich, dass Berufe, die nicht als "systemrelevant" gesehen wurden, sehr wohl systemrelevant sind.

Ausbildung und Arbeit wird hier endlich in dem Maße bezahlt und wertgeschätzt, in dem sie es auch wert IST.

 

> Die (Welt-)Wirtschaft wird möglicherweise ungeheuren Schaden erleiden. Arbeitsplätze gehen verloren. Zugleich...

Vielleicht hat ein entlassener Arbeitnehmer nun endlich die Chance, jenen Beruf zu finden und zu ergreifen, nach dem er sich schon lange sehnt.

Wir erkennnen endlich, dass ständiges Wachstum unnötig, absurd und eine Idee der Konsumgesellschaft ist. 

Wir besinnen uns auf das Wesentliche in unserem Leben. Auf das, was wir wirklich brauchen.

 

"When we forget the infection -

will we remember the lesson?"