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Lebe schnell

Ich habe bekanntlich Neurofibromatose Typ II.

 Ich bin wahrscheinlich eine Neumutation, da ansonsten in meiner Familie niemand von der Krankheit betroffen ist.

Ich weiß auch, dass sich  sowohl in meinem Kopf, als auch an meiner Wirbelsäule mehrere Tumoere befinden.

 Diese Tumore sind jedoch alle gutartig und haben in den vergangenen vier Jahren kein Problem dargestellt.

 Vielmehr sind sie unter dem Einfluss meiner Medikamente teils etwas kleiner geworden, oder in ihrem Wachstum stagniert.

 

Als ich nun zuletzt im November in meiner Klinik in Münster war, teilte man mir mit, dass laut der aktuellen MRT-Bilder im letzten halben Jahr alle Tumore etwas gewachsen seien.

Ein Tumor im Kopf ist relativ groß und nimmt meinem Gehirn Platz.

 Folglich steht die nächste Operation an, denn dieser Tumor muss im kommenden Frühjahr entfernt werden.

 

Jedenfalls scheinen meine derzeitigen Medikamente nicht mehr, oder nur noch eingeschränkt zu wirken.

 Über den Grund hierfür sind sich die Ärzte unschlüssig.

 Es kann wachstums- oder hormonell bedingt sein.

 Aber natürlich kam in diesem Zusammenhang auch wieder die Diskussion auf, dass ich in den vergangenen eineinhalb Jahren viel Stress gehabt hätte. 

Dass ich innerhalb eines Jahres Dinge tue, für die andere Menschen zehn Jahre brauchen.

 

 Sicher – vielleicht ist diese/meine Lebensweise auf Dauer (für mich) nicht gesund.

 Aber so bin ich nun mal aufgewachsen.

Ab meinem 10. Lebensjahr haben Ärzte bestimmt, wann es Zeit für die nächste Operation ist.

 Zumindest in medizinischen Dingen hatte ich ab diesem Zeitpunkt wenig Mitspracherecht. Die wenigsten Ärzte fragen, wie lange man für irgendetwas braucht.

 

Und vieles empfinde ich selbst gar nicht als (großen) Stress.

 Oder erst im Nachhinein, weil ich dann erschöpft bin…

Ich bin nun mal ein ehrgeiziger Mensch.

 

Außerdem erwarten auch alle irgendwie, dass ich so weitermache wie bisher.

Andere (kranke) Menschen bekommen ihr Leben schließlich auch irgendwie auf die Reihe.

 Und ich bin ja erst 24 – zu jung also, um mich zu verstecken und Rentnerin zu spielen.

 Außerdem möchte ich schließlich gerne finanziell unabhängig sein.

Natürlich ist hier die Frage „zu welchem Preis?“.

 Aber für langsame, vorsichtigere Menschen gibt es in unserer Gesellschaft nun mal keinen Platz, sie bezahlt niemand.

 

Ich muss also weitermachen. 

Auch wenn ich irgendwann sicherlich an dem Ganzen sterbe.

Auch wenn ich eigentlich einen Anspruch darauf haben sollte mein Leben zu leben, ohne dabei noch kränker zu werden.

Auch wenn ich ohne den Rückhalt meiner Eltern, meiner Familie und meiner Freunde schon so manches Mal nicht mehr so einfach wieder auf die Füße gekommen wäre.

 

Ich muss – denn andere müssen schließlich auch.

 

 

"What will be, will be."