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Was lange gärt..

Ich bin eine jener Ausnahmen, bei denen es manchmal irgendwie nicht voran zu gehen scheint.

Ich habe gut zwei Jahre gebraucht, um meine Ausbildungsstelle zu finden.

Hab mich auf alle möglichen Stellen beworben, hunderte Bewerbungen geschrieben.

Ich habe mich über jedes einzelne Vorstellungsgespräch gefreut - auch wenn ich ganz genau wusste, wie aussichtslos es vielleicht war.

Wenn man mich eigentlich nur eingeladen hatte, weil man es aufgrund meiner Schwerbehinderung "musste".

Ich wollte nie auf meinen früheren Berater hören, auch wenn er mir zeitweise angedroht hat, mir keine Schriftdolmetscher mehr zu finanzieren, wenn ich nicht in die "spezielle Einrichtung" gehe.

Ich habe allen in den Ohren gelegen (danke an jene, die mich in dieser Zeit ertragen haben!) und bin emotional durch diverse Höhen und Tiefen gegangen.

Und dann haben sich zu Beginn 2018 gleich zwei Betriebe für mich entschieden.

 

Aus "logistischen" (nicht aus logischen!) Gründen habe ich mich damals für jene Stelle entschieden, die näher an meinem Wohnort gelegen war.

Auch wenn der andere Betrieb mehr zu leisten bereit war und mir offener gegenüberstand.

Aber ich war auch bei der wohnortnahen Stelle erst mal positiv überrascht, dass die für mich Zuständige gleich im Vorstellungsgespräch sagte, dass sie Respekt vor meiner Hörschädigung habe.

Endlich sprach jemand den Grund an und erteilte mir nicht ohne ein weiteres Wort eine Absage.

 

Dann kam das AMI.

Selbstverständlich habe ich, kaum dass ich aus Hannover zurück war, gemeinsam mit meiner Mutter meinen zukünftigen Arbeitgeber über die Veränderung und die kommenden Fehlzeiten (Anpassungswochen in der MHH) informiert.

Man versicherte uns, dass das überhaupt kein Problem sei.

Im Gegenteil - wäre man selbst in meiner Situation gewesen, hätte man "es ganz genauso gemacht".

Nun gut.

Die Tage und Wochen vergingen also und aus meiner Sicht war auch weitestgehend alles gut.

 Mein Arbeitgeber sah das wohl etwas anders, sagte aber nur ein einziges Mal etwas.

Meiner Bitte, mich darauf hinzuweisen, wenn irgendetwas anders läuft als erwartet, kam man nie nach.

Als ich im September 2018 wieder etwas länger nach Hannover/ins Krankenhaus musste, versicherte man meiner Mutter in all den wöchentlichen Telefonaten, dass alles gut sei und ich mir keine Sorgen machen müsse, sondern mich erholen solle.

Auch mein stundenweiser Wiedereinstieg wurde ohne Probleme abgenickt.

 

Aber dann..

Routinemäßig fand Ende Oktober ein Gespräch bezüglich des nahen Endes meiner Probezeit statt.

Zu diesem Termin reiste auch extra der derzeit oberste Personaler an (so etwas macht er nur in Ausnahmefällen).

Und dann ging es los.

Bei diesem Gespräch war auch meine Dolmetscherin Annegret anwesend, damit ich garantiert alles verstehe.

Erst mal hielt man mir vor, dass ich mit einfachen Dingen (Excel-Tabellen) nicht zurecht käme.

Außerdem drehte man mir gewissermaßen einen Strick aus meiner Hörschädigung.

Es wurde behauptet, ich hätte meinen Arbeitgeber nicht über das AMI und über die zu erwartenden Fehlzeiten informiert.

Auch der stundenweise Wiedereinstieg sei eigentlich nicht gewünscht gewesen und ich hätte meine Arztbelege quasi aufgedrängt.

Außerdem sei ich immer sehr früh am Arbeitsplatz, früher als mein Arbeitgeber selbst.

Ich hätte meinem Arbeitgeber auch nach Monaten noch nicht das 'Du' angeboten.

Jedenfalls würde man mir jetzt eigentlich mit Ablauf meiner Probezeit kündigen.

 

Einige Tage nach diesem Gespräch hatten meine Eltern ebenfalls einen Termin bei meinem Arbeitgeber.

Und sie haben sich wirklich bemüht, die Situation auch für mich zu verbessern (wofür ich sehr dankbar bin!).

Aber es wurde nicht besser, im Gegenteil...

 

Mitte Januar 2019 waren wir soweit, dass wir vor den Schlichtungsausschuss der IHK gehen mussten.

Auf dieses Gespräch will ich hier nicht näher eingehen, da der Beitrag sonst ausufert.

Ich sage nur soviel, dass mein Arbeitgeber und auch der besagte Personaler vor dem Ausschuss nicht allzu gut weggekommen sind.

Erstens kannte die IHK ihr Verhalten wohl schon aus der Vergangenheit. Zweitens wurden mir wieder Dinge unterstellt, die nachweislich nicht stimmten (entweder war ich gar nicht da, oder die Dinge lagen nicht in meinem Aufgabenbereich). Drittens war die mir ausgesprochene Kündigung gar nicht wirklich rechtens, was der Personaler in seiner Position hätte wissen müssen.

 

 Das Ende vom Lied war, dass die Kündigung zurückgenommen wurde, dass das Arbeitsverhältnis aber "einvernehmlich" nach einer gewissen Frist beendet wurde.

 

Und nun?

Mangels Alternative bin ich nun doch in die "spezielle Einrichtung" gewechselt.

Und auch, wenn ich hier den halben Tag schlafen könnte (weil alles etwas laaaangsamer läuft), so komme ich doch gut klar.

Ich habe natürlich, was die Schule angeht, einen Wissensvorsprung von mehreren Monaten.

Aber allgemein komme ich gut zurecht. Ich verstehe mich mit allen gut und bin bisher fast ausschließlich sehr engagierten Personen begegnet.

 

Und so bleibt mir nur, dieses unschönere Kapitel abzuhaken.

Und mich natürlich nochmal bei allen zu bedanken, die mich ertragen und mir bisher so vieles ermöglicht haben! 

 

"Komm' ich zeig' dir was, das du verlernt hast, vor lauter Verstand."