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Dann müssen Sie halt zum Arzt!

Nach meinem schönen Praktikum  bat man mich wieder zum Gespräch.

Es sei ohnehin klar gewesen, dass ich zurück ins Berufsbildungswerk gehe. "Erst mal 2 Monate... und daaann mal gucken,"

Dass ich von dieser Aussicht nicht gerade begeistert war, hat man mir wohl angesehen.

Entsprechend habe ich in dem Moment versucht, meine Rückkehr ins BBW erst mal (möglichst weit!) nach hinten zu verschieben.

Das wurde wohl auch bemerkt. Jedenfalls hat man mich im folgenden Gespräch entweder ständig unterbrochen, oder ewig lange Monologe gehalten, in denen immer und immer wieder die Vorzüge dieses Bildungswerks angepriesen wurden. Irgendwann war man dann wohl selbst genervt - jedenfalls kam man mit der Aussage "Wenn Sie nicht ins BBW wollen, müssen Sie halt zum ärztlichen Dienst. Irgendeine Möglichkeit müssen Sie uns geben!".

Auf meinen Einwand, dass ich im nächsten Monat eine kleine Op am Auge vor mir hätte, reagierte man mit dem nächsten Monolog, der irgendwann mit den Worten "Und wenn Sie dann nix sehen, dann sind Sie im BBW erst recht gut untergebracht!" endete.

Ich war schon lange nicht mehr so froh, als ein Gespräch endlich, endlich beendet war..

 

Dabei ist es keineswegs so, dass ich alles, was an Unterstützung kommt, von vornherein ablehne.

Ich sage nicht, dass das nur schlechtes hervorbringt - manche Unterstützung ist im Gegenteil sicherlich sehr wertvoll.

Auf der anderen Seite sehe ich manche Dinge aber einfach nicht ein.

Wozu soll ich denn bitte noch mehr Zeit im BBW verbringen?

Vor meinem ersten "Besuch" dort wusste ich bereits, was ich wollte. Welchen Beruf ich erlernen wollte.

Das BBW und seine verschiedenen "Maßnahmen" sind eine Möglichkeit für junge Menschen, die (noch) nicht wissen, wo ihre Stärken liegen. Welche Berufe zu ihren Fähigkeiten passen und in welchem Beruf sie letztlich arbeiten möchten.

Aber ich wusste das schon alles. Und ja, abgesehen von meiner Hörschädigung bin ich durchaus für diesen Beruf geeignet.

Und überhaupt, was soll mir ein längerer Aufenthalt im BBW denn bringen?

Weder kann ich dort für mich relevante Kontakte knüpfen, noch möchte ich dort eine "angepasste" Ausbildung absolvieren.

 

Und wenn ich nicht ins Berufsbildungswerk gehe, muss ich also zum ärztlichen Dienst.

Und was genau habe ich davon?

Dann wird noch ein Gutachten erstellt, in dem das gleiche steht, wie in den vorherigen.

Dann wird mir bescheinigt, dass ich "ausbildungsfähig" bin. Dass ich "vom geistigen her" dazu in der Lage bin, einen Beruf zu erlernen.

Danke, dafür brauche ich keinen Arzt. Das weiß ich auch so.

 

Dieses spezielle Gespräch  ist wieder ein wunderbares Beispiel dafür, wie oft nicht zugehört, wie viel ÜBERhört wird.

Ob aus Desinteresse oder einfach, weil man sein Gegenüber gleich beim ersten Treffen "in eine Schublade steckt " - völlig egal.

Weder das eine noch das andere führt letztlich zu einem besseren Miteinander.

 

"Um tolerant zu sein, muss man die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen."