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"Wie gut hörst du denn jetzt?"

Eigentlich müsste es heißen: "was hörst du?".

Wenn ich gefragt werde, wie 'gut' ich höre - dann ist es genau so, als ob man einen vormals Blinden nach der Operation fragt, wie gut bzw. wie viel er jetzt sehe.

Natürlich kann man sowohl das Hören als auch das Sehen testen, man kann beides prozentual messen.

Aber der subjektive, der eigene Eindruck ist oftmals völlig anders, als jedes Testergebnis.

 

Ich kann nicht sagen, wie 'gut' ich höre. Einfach weil ich nicht sagen kann, wie man 'gut hören' definieren soll.

Wenn ich den Sprachprozessor trage, dann ist es für mich lauter.

Ich nehme meine Umgebung stärker wahr. Ich bemerke, wenn jemand spricht.

Während der Messungen in Hannover kommen die hohen Töne langsam zurück. 

Aber im Alltag..

Natürlich bemerke ich, dass sich ganz langsam, nach und nach ein paar Geräusche mehr einschleichen.

Sei es, wenn jemand Metallrollos hochzieht (furchtbares Geräusch!), oder das Signal eines anfahrenden Zuges.

Aber ich höre nicht 'gut', ich höre nicht klar.

Ich kann Töne (bisher) nicht wirklich unterscheiden und bei Geräuschen weiß ich ohne hinzusehen meist nicht,  woher der 'Lärm' diesmal kommt.

Das Allermeiste ist einfach nur ein dumpfer Einheitsbrei, bei dem ich zumindest bewusst nicht wirklich Unterschiede heraushöre. 

 

Ein Problem ist zudem, dass ich bei vielem gar nicht mehr weiß, wie es "normalerweise" klingt. 

Wie es sich für andere anhört und wie es auch für mich irgendwann wieder klingen sollte.

In den meisten Fällen kann ich nur sagen, dass es sich eben nicht natürlich anhört - ohne es genauer beschreiben zu können.

Natürlich - ich habe das AMI vor 6 Monaten bekommen. 

Und von diesen 6 Monaten standen mir roundabout nur einige Wochen zur Verfügung, in denen ich mich wirklich auf das Hören konzentrieren konnte. 

All die übrige Zeit war entweder geprägt von weiteren Totalausfällen nach einer Operation, oder irgendwas hat mal wieder nicht funktioniert. 

Und was sind schon ein paar Wochen im Vergleich zu sieben Jahren Stille?

 

Trotzdem.

Ich habe nicht sonderlich viel Geduld mit mir selbst.

Außerdem ist da immer wieder die unterschwellige Angst, dass das Hören eben nicht besser wird.

Dass es bei den diffusen, dumpfen Höreindrücken bleibt.

Dass viel Hoffnung und Euphorie umsonst war.

 

Ich möchte nun wirklich nichts Besonderes sein.

Ich will kein Paradebeispiel sein und mich auch nicht über irgendjemanden stellen.

Aber erstens ist das 'Hören' gerade ziemlich anstrengend,  weil ich unbewusst eben doch immer nach Veränderungen,  nach Unterschieden im Gehörten suche.

Und wenn es auf Dauer so bleibt wie bisher - dann weiß ich nicht,  ob der Sprachprozessor nicht über kurz oder lang doch in der Schublade bleibt.

Zum anderen mag man mich eitel nennen. 

Aber ich habe eben auch eine gewisse Angst davor, im besten Falle wirklich nur die Regel zu sein und nicht die Ausnahme. 

Davor, dass ich letztlich nur ein gutes Beispiel dafür bin, wie es eben nicht laufen sollte..

 

"What defines us, is how well we rise after falling."